San Juan Chamula

Chamula ist mit ca. 3000 Einwohnern das größte der sieben Tzotzil-Dörfer im Umkreis von San Cristóbal und durch eine einzigartige Vermischung von christlichen Glaubensmustern und eigenen Bräuchen geprägt. Dieses indigene Maya-Volk versteht sich in erster Linie als Tzotziles – ohne Anbindung an die Kosmovision Maya – mit starken traditionellen Gesellschafts- und Lebensformen. Die geistlichen und weltlichen Oberhäupter sind die sogenannten Mayordomos, die unter Anderem die Einhaltung ihrer Tradition streng bewachen. Der katholische Priester der zu einem eindrucksvollen Tempel umfunktionierten Kirche ist diesen unterstellt und hat in erster Linie die Funktion, Taufen vorzunehmen, das einzige Sakrament, das hier akzeptiert und vollzogen wird. Der Papst toleriert diese Mischform mittlerweile, denn ein auf die Gesetze der katholischen Kirche bestehender Priester wäre hier nicht anerkannt, genauso wenig wie die Ausübung anderer Religionen. So wurden die Evangelicos samt ihren Anhängern aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen und vertrieben.
Wir kommen am 30. August nach Chamula und damit genau zum Fest der Santa Rosa. Die Tzotziles feiern gerne und ausgiebig – meist eine Woche lang. Die Schullehrer werden nach Hause geschickt, der Markt und ein paar alte Ringelspiele aufgebaut und vor der Kirche – begleitet vom ohrenbetäubenden Knallen selbstgebastelter Feuerwerkskörper – zeremonielle Umzüge veranstaltet, an denen die Mayordomos genauso wie die katholischen Priester und traditionelle Musikkapellen teilnehmen. Dabei werden mit viel zeremonieller Würde Statuen von christlichen Heiligen - Johannes der Täufer an erster Stelle, Flaggen und Banner getragen. Das ganze Dorf und viele Einwohner der umliegenden Dörfer scheinen auf dem Platz versammelt zu sein und es wird ausgiebig Posh (traditioneller Zuckerrohrschnaps) und Coca Cola – die Droge Nummer eins verursacht mittlerweile einen dramatischen Anstieg von Karies und Diabetes – getrunken. Touristen sind toleriert, doch man würdigt uns keines Blickes, und das Fotografieren von religiösen Handlungen und Würdenträgern ist verboten, was von der mit Stöcken bewaffneten „Tzotzil -Polizei“ überwacht wird.
Der energetisch aufgeladenste Platz aber ist die Kirche selbst. Statt Bänken findet man den Boden mit Piniennadeln ausgelegt, tausende Kerzen und Blumen, die weihraucherfüllte Luft und die Bordunmelodien der traditionellen Instrumente tragen uns in eine andere Dimension. Die Menschen sitzen in Gruppen auf dem Boden, beten, „meditieren“ oder unterhalten sich. Beim Altar sitzen die Mayordomos und Heiler mit lebenden Hühnern, die für die Reinigungsrituale verwendet werden. Neben den vielen Menschen, die sich hier tummeln, ist dieser Raum wohl Sammelplatz unzähliger Geistwesen, Seelen verstorbener Einwohner der Gegend, ein dichtes Feld unterschiedlicher Qualitäten.

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Tzoltzilfriedhof (schwarze Kreuze für alte Menschen, blaue für 'mittelalte', weisse für Kinder)

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Templo de San Juan

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Kirche innen (Bild aus dem Web)

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Festtagsmarkt

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'Riesenrad'

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